Stellungnahme des BRA zu der geplanten Zusammenlegung der Arbeitsgerichte in Schleswig-Holstein
Der BRA spricht sich gegen die von der Landesregierung in Schleswig-Holstein aus Kostengründen geplante Zusammenlegung von Arbeitsgerichten aus. Es soll wohl ein Fachgerichtszentrum in zentraler Lage (Neumünster?) entstehen und die bisherigen Standorte in Elmshorn, Flensburg, Kiel, Lübeck und Neumünster geschlossen werden.
Zu einem effektiven Rechtsschutz aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger gehört es auch, das Recht an einem örtlich gut erreichbaren Gerichtsstandort durchsetzen zu können. Dieser Aspekt spielt besonders für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Rolle, die – gerade auch, wenn nur geringe Lohnrückstände mit einem geringen Streitwert im Raum stehen – von einer gerichtlichen Geltendmachung durch lange Anfahrtszeiten bis zu dem nächsten zuständigen Gerichtsstandort abgehalten werden könnten. Die sozial schwächere Partei muss aber in der Lage sein, mit einem geringen Zeit- und Kostenaufwand den Arbeitgeber verklagen zu können. Dies war auch ein wesentlicher Gedanke, den der Gesetzgeber bei der Einführung des § 48 Abs. 1a ArbGG im Jahre 2008 anerkannt hat (BT-Drucks. 16/7716 S. 1; Bergwitz NZA 2008, 443, 445). Vorsitzende: Richterin am ArbG als d. st. Vertr. d. Dir. Katja Bernhard Arbeitsgericht Wiesbaden Mainzer Straße 124 65189 Wiesbaden Tel.: 0611 32 61 2100 E-Mail: bra-vorstand@gmx.de 2
Der Zugang zum Recht ist gerade in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit besonders wichtig, Justiz muss flächendeckend wahrnehmbar sein.
Die Arbeitsgerichtsbarkeit ist auch durch die Einbindung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter, welche von den örtlichen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden vorgeschlagen werden, mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut und so in der Lage, den Streitstoff mit den Parteien einer den wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnissen angemessenen gütlichen Lösung zuzuführen.
Ferner hätte der Wegfall von kleineren Gerichten auch negative Konsequenzen in Bezug auf das dort tätige richterliche und nichtrichterliche Personal. Die Kolleginnen und Kollegen müssten deutlich längere Anfahrts- und Heimwegfahrten in Kauf nehmen. Gerade bei dem nichtrichterlichen Personal besteht die Gefahr, dass viele Fachkräfte der Justiz verloren gehen könnten oder gar nicht erst gewonnen werden können. Dies gilt auch in Zeiten, in denen durch die die eingeführte E-Akte ein mobileres Arbeiten z. Bsp. von zu Hause, aus möglich ist. Es fallen jedoch immer Arbeiten an, die im Gericht erbracht und gelöst werden müssen. Ebenfalls ist es wichtig, dass ein kollegialer und sozialer Austausch am Arbeitsplatz im Gericht gefördert wird und nicht zum Erliegen kommt.
Auch die Entscheidungsfindung der schleswig-holsteinischen Landesregierung, welche ohne Anhörung der von der Zusammenlegung Betroffenen gefallen ist, sowie die bis heute nicht nachvollziehbare finanzielle Grundlage sind zu kritisieren.
Vor diesem Hintergrund überwiegen mögliche, langfristige fiskalischen Vorteile den durch einer Gerichtszusammenlegung genannten Nachteilen für das richterliche und nichtrichterliche Personal und insbesondere für die rechtssuchenden Bürgerinnen und Bürger nicht. Das Vertrauern der Menschen in die Justiz und den Rechtsstaat sind ein hohes Gut, welches zu erhalten ist, Geld kostet und nicht von der Haushaltslage eines Bundeslandes abhängig sein darf.
Katja Bernhard Dr. Michel Horcher Sönke Oltmanns
Vorsitzende BRA Vorstand BRA Vorsitzender Landesverband S-H
